Montag, 13. April 2009
der wind über den schafen auf irlands friedhöfen
es ist der wind, der vom meer, der aus den bergen, in den olivenbäumen, der der juliette binoche im dorf die sehnsucht zuträgt, der die camper in what's eating gilbert grape zu leonardo bringt.
es ist der gleiche wind.

der, der über dem feuer wacht, der die streichhölzer in like water for chocolate entflammt, der im schatten des feigenbaumes im alten testament rastet, der mich berührt und zur prophetin salbt, zur närrin auf dem hügel
der wind, der aus dem süden kommt.

der im winter zur schneeschmelze führt, der die alpen überstreicht, der in den gedichten rose ausländers oder im namen von sarah kirsch ist. der über den kirschblüten in china ruht.
er segnet mich und macht mich zur liebenden.
er holt mich und verweht mich.

es ist der wind, der das grab aufbricht und den efeu auf den friedhöfen in irland.
er macht wege zu lehmböden und furcht die felder, drückt das getreide nieder und lässt es auferstehen.
er wirbelt die blätter und den staub vor den gewittern.
er ist der lufthauch und das stöhnen, die brausenden wogen und das flimmern.

es ist der wind, der den in den tälern den atem nimmt und zu den bergspitzen hochsteigt.
der in böen das steppengras zu büscheln formiert und durch die luft schleudert.

der zum zauberer von oz verbläst, im oberen stock die fenster zuschlägt, die vorhänge bauscht, den chinesen tanzen lässt, die schaukel fliegen, die dünen anhäuft oder abträgt.

im scheinbar ewigen fließen ein meer von tränen über den see stülpt, die birken austrocknet, die schmetterlinge wie libellen im flügelschlag kreisen lässt.

im wind findet meine seele sich und verliert sich im getose, findet unruhe und bäumt sich zum glasschmetternden ruf. bereit die vasen und dächer abzutragen, die haut auf den boden zu printen.

der wind ein grafitti auf den wänden der stadt. festgehalten und zum zeichen verblasst. grell angefacht für den neuen feuersturm in allen zeiten und keiner.

mein wind ein gebet, eine klage, eine bitte, verstummen und schrei.
die eislauffläche unter meinen dottergelben schuhen, die rutschbahn in das wasser, das rot im ghetto, an der tasche von lola, im klatschen des mohns.

er weht im untergang des mondes oder im aufgang der sonne im norden. er blüht in den rosen, in den äpfeln des granatgartens und den hängenden gärten.
der wind ist meine erzählung und mein gesang. X.

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